Schafbad Serrfeld/ Sulzdorf a. d. L.

Gemeindewald, 97528 Sulzdorf a. d. L., Deutschland(365 m über NN)

Mit Förderung des Freistaats Bayern hat der Naturpark Haßberge das ehemalige Schafbad in Serrfeld wieder hergerichtet.

Serrfelder Schafbad - wichtiges Zeugnis der Landespflegegeschichte

 

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Im Sulzdorfer Gemeindeteil Serrfeld befindet sich in der Waldabteilung Schafbad ein kleiner, bis 2022 weitgehend verlandeter Teich - das historische „Schafbad“. Auf Initiative von Michael Krämer von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Rhön-Grabfeld, Revierförsterin Julia Bischof, Bürgermeisterin Angelika Götz und Kreisheimatpfleger Reinhold Albert wurde es 2023 mit Unterstützung des Naturparks Haßberge (Geschäftsführer Lukas Bandorf) wieder als Feuchtbiotop hergerichtet. Die Initiatoren sind sich einig, dass es sich bei diesem Teich nicht nur um ein wichtiges Zeugnis der Landschaftspflegegeschichte, sondern auch um ein historisches, unbedingt zu erhaltenes Kulturgut handelt, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden muss.

Neben zwei historischen Fotos aus den 1930er Jahren des Schafbades, die von der Familie Waldemar Schmidt zur Verfügung gestellt und vmtl. von Alfred Schleicher gefertigt wurden, konnten 2023 mit der 1932 geborenen Lilli Schneider und dem 1937 geborenen Herbert Matz die letzten Zeitzeugen ausfindig gemacht und befragt werden. 

 

Gemeindediener gab Termin bekannt

Herbert Matz nahm als kleiner Bub in den 1940er Jahren am traditionellen Schafbaden in seiner Heimatgemeinde teil. Im Frühjahr gab der Gemeindediener mittels Ortsschelle bekannt, an welchem Tag die Schafe vor der anstehenden Schur gebadet werden. Der Schäfer trieb die zu scherenden Schafe des Dorfes zusammen und zog mit ihnen in die Waldabteilung Schafbad, wo sich der gleichnamige Teich befindet. Dort trafen sich alle Serrfelder Bauern zum vereinbarten Termin. 

Die Schafe wurden zunächst in einen Pferch gesperrt. Am Westufer des Schafbades befand sich an einer Kaimauer ein Steg, der mit Planken versehen war. Hier wurden die Schafe der Reihe nach einzeln von den Männern in den See geworfen und gewaschen. Nach ca. zehn Minuten wurden sie mit langen Stangen, an deren Ende sich eine Schlinge befand, wieder aus dem Wasser gezogen. Nun wurden sie auf eine Wiese hinter dem Teich und vor einer Hutbuche getrieben, wo sie in der Sonne trockneten. Herbert Matz berichtet, dass sich in der Mauer am Westufer des Schafbads ein Abflussrohr befand, das mit einem Holzpflock verschlossen war. Dieses diente jedoch nicht dazu, das Wasser nach dem Baden der Schafe abzulassen, was nicht geschah, sondern den Wasserstand zu regulieren.

Kleiner Umtrunk nach dem Baden der Schafe

Nachdem die Arbeit am Schafbad beendet war, kehrten die Bauern nach einem kleinen Umtrunk und einer Brotzeit wieder zu ihrer täglichen Arbeit zurück. Die Herde und ihr Hirte zogen weiter auf die Hutungen. Das waren Weiden, die ausschließlich der Viehhaltung dienten. Die größte Hutung befand sich im Bereich der heutigen Serrfelder Seen, die 1967 im Rahmen der Flurbereinigung entstanden und reichte, wie die Uraufnahme der Bayer. Vermessungsverwaltung von 1849 ausweist, bis zum Schafteich. Heute ist dieser Teil weitgehend bewaldet. Dieser Bereich wurde damals erschlossen durch den Schweickershäuser Weg und den Schwanhäuser Pfad.

Die Herde kehrte wie üblich am späten Nachmittag wieder ins Dorf zurück, nachdem die Tiere an der Schaftränke am Ortsrand Richtung Sulzdorf an einer langen hölzernen Rinne, die von einem dort befindlichen Brunnen gespeist wurde, ihren Durst gestillt hatten. Sieglinde Schmidt und Lilli Schneider erinnern sich, dass jedes Schaf der Herde wusste, in welches Anwesen es gehörte. Am Ortseingang pfiff der Schäfer laut hörbar, damit die Bauern ihre Hof- und Stallpforten öffneten. Selbständig kehrten die Schafe beim Zug durchs Dorf in den heimischen Stall zurück. Bog ein Schaf einmal falsch ab, wussten die Bauern gleich, wohin es gehörte. Die Tiere waren mit einem farbigen Punkt gekennzeichnet, der von Hof zu Hof unterschiedlich ausgefallen war. 

 

Die Schafscherer kamen aus Kimmelsbach

Die Schafschur erfolgte jedoch nicht am Tag des Schafbades, sondern erst einige Tage später auf dem jeweiligen Hof durch zwei Schafscherer aus Kimmelsbach. Der größte Teil der Schafwolle wurde in Leinensäcke gepackt und an Händler verkauft. Ein kleiner Teil wurde zurückbehalten und zu Kleidungsstücken für die Angehörigen des jeweiligen Haushalts verarbeitet. 

Jeder der 28 Serrfelder Gemeinderechtler besaß in alter Zeit neben anderen Rechten, wie einem Holz-, Brau- oder Bauholzrecht ein Schafrecht, das zum Halten von sechs Mutterschafen berechtigte. Bereits 1730 wurde im Serrfelder Gemeindebuch festgehalten, dass diejenigen, welche kein Gemeinderecht besaßen, keine Schafe auf die gemeinsame Weide treiben durften. Nicht die Gemeinde, wie in vielen anderen Orten üblich, sondern die Serrfelder Gemeinderechtler waren Arbeitgeber des Schäfers und hatten diesen zu entlohnen. Einmal jährlich wurde geschüttet, das heißt, jeder Rechtler musste ein Metzen Hafer (rund 40 Liter) als Lohn abliefern. Von der Gemeinde erhielt der Schäfer lediglich als Deputat (Naturallohn) alljährlich drei Ster Holz. 

 

Den Pferch schlagen!

Von Frühjahr bis Herbst hatte der Schäfer bei Wind und Wetter jeden Tag die Schafe auszutreiben. In den Sommermonaten wurde zur Nachtzeit gepfercht, das heißt, die Schafe wurden auf einem etwa 40 qm großen Areal in Brettergitter eingesperrt, was man „den Pferch schlagen“ nannte. Wegen der Düngung war das Pferchen sehr begehrt. Jeder Rechtler durfte den Pferch, der jeden Tag versetzt wurde, vier Nächte für sich beanspruchen. Der Bauer, der gerade die Pferchnutznießung hatte, musste dem Schäfer fünf Pfund Weißmehl und jeden Tag ein „Bartel“ Bier (das waren drei Liter) sowie einen runden Kuchen (Käse- oder Zwiebelkuchen o. ä.) geben.

Am Brauhaus in Serrfeld, das sich am Ortsausgang in Richtung Neuses befand, stand einst das 1820 errichtete Schafhaus mit Scheune, das in den 1950er Jahren eingelegt wurde. Es diente als Wohnung des Schäfers und seine Herde fand in der Scheune bei plötzlich auftretenden Witterungsunbilden Unterschlupf. Das zum Füttern benötigte Heu hatten die Serrfelder Gemeinderechtler gemeinsam auf der großen Schafhut zu ernten. 

1834 wurde mit Daniel Schneider ein neuer Schäfer für die Serrfelder Ortsnachbarn verpflichtet. Von 1905 bis um 1945 übernahm erneut ein Daniel Schneider dieses Hirtenamt, bevor Heiner Oeser letzter Schäfer in Serrfeld wurde. Wegen Unrentabilität wurde die Schafhaltung 1952 aufgegeben. Damit gehörte das traditionelle Schafbaden und Schafscheren in Serrfeld der Vergangenheit an. 

 

Reinhold Albert,

Kreisheimatpfleger

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